Wallis, Mitte Mai 2917. Kaum ein Rebberg zeigt sich in sattem Grün, wie dies der Jahreszeit entsprechend üblich wäre. Braun, staubig und trocken präsentieren sich die Rebhänge. Die ersten Triebe sind dem verheerenden Aprilfrost zum Opfer gefallen. Nur langsam spriesst das zarte Grün. Die Reben sind zähe Gewächse und treiben ein zweites Mal aus. Aus den zwei Wochen Vorsprung auf die Vegetation wurde ein Monat Verspätung. Ob die neuen Triebe Trauben tragen und diese reifen werden, kann zum heutigen Zeitpunkt niemand sagen. Vierzig Jahre – und mancherorts gar länger – ist es her seit der letzten Frostkatastrophe. Ob es eine Ernte geben wird oder nicht, die Winzer arbeiten mit der gleichen Passion und Präzision in den Rebbergen, um sich ein Fundament für die kommenden Jahre zu legen.
Doch an die Schäden will heute niemand denken. «Tragisch ist die Situation vor allem für junge Winzer, die erst vor einem oder zwei Jahren einen Betrieb übernommen haben.» sagt Joel Briguet von der Cave La Romaine in Flanthey. «Mit 30 Jahren Erfahrung hat man gelernt, solche Rückschläge zu verkraften.» Die Politik wird für Härtefälle Lösungen bereit halten.
Die Message anlässlich der Präsentation des Jahrgangs 2016 im Salgescher Reb- und Weinbaumuseum – eine Woche vor den Tagen der offenen Weinkellern vom 25. bis 27. Mai – war klar: kommt ins Wallis. Besucht uns. Wir präsentieren grossartige Gewächse des Jahrgangs 2015 und feinfruchtig vibrierende Weine des generösen Jahrgangs 2016. Der Freiburger Spitzenkoch Pierrot Ayer wurde zum «Götti» des Jahrgangs 2016 ernannt.
Gérard-Philippe Mabillard, Direktor IVV, ernennt Pierrot Ayer zum Paten der 2016er Weine. (Bilder: IVV/Céline Ribordy)
Emotionen, Geselligkeit und eine Reise wert
Stellvertretend für die 240 Winzer, die ihre Kellertüren öffnen werden, präsentierten acht Winzer acht Weine. Petite Arvine, Fendant, Heida, Johannisberg, Cornalin, Humagne Rouge, Syrah und Dôle – allesamt mit der «Etoile du Valais 2016» ausgezeichnet. Einen Stern erhalten die höchstpunktierten Weine der kantonalen Selektion. «Wir blicken auf ein sehr kontrastreiches Weinjahr zurück, das qualitativ hochwertige Trauben und ausgewogene Crus hervorgebracht hat», sagt Kantonsönologine Corinne Clavien. Das Weinbauamt und der Branchenverband der Walliser Weine (IVV) haben diese offizielle Präsentation erstmals gemeinsam organisiert.
Acht Winzer und Einkellerer gaben Einblicke in ihr Weinjahr. Mit emotionalen Worten beschrieben sie die Charakteristiken ihrer Crus. Ein bedeutender Moment voller Symbolkraft. «Die grossartigen Crus sind das Ergebnis eines ganzen Jahres der Arbeit im Weinberg in Kombination mit den Geheimnissen der Weinkeller. Jeder Jahrgang birgt auch gewisse Überraschungen. Der Wein reflektiert Klima, Boden und menschliches Schaffen in einer Flasche», fasste Corinne Clavien zusammen.
Oben: Sarah Besse präsentierte ihren Païen Les Serpentines 2015, der ein Jahr in Barriques reifte, der fruchtig-elegante Dôle 2016 stammte von Meinrad und Catherine Gaillard. Unten: Eddy Dorsaz von der Cave de l’Etat du Valais Domaine du Grand Brûlé stellte den Fendant 2016 vor und Gilbert Devayes präsentierte seinen Petite Arvine 2016.
Eine qualitativ und quantitativ schöne Ernte
Das Jahr 2016 war geprägt von einem kontrastreichen Klima: milder Winter, feuchter Frühling und brütend heisser Sommer. Die ziemlich regenfeste Ernte war sowohl in Bezug auf Qualität als auch auf Quantität bemerkenswert. Der Reifegrad der Trauben erwies sich je nach Rebsorten und Lagen als äusserst unterschiedlich, was zur verlängerten Dauer der Weinlese führte. Die Herausforderung für die Winzer bestand folglich darin, den bestmöglichen Zeitpunkt für die Weinlese in den verschiedenen Parzellen zu wählen. Das Endergebnis dieser Bemühungen hält, was bereits im Weinberg versprochen wurde. Die Kantonsönologin meint dazu: «Die herausragende Qualität dieses Jahrgangs manifestiert sich anhand seines frischen Geschmacks, welcher ein sehr angenehmes, krosses Gefühl vermittelt. Darüber hinaus zeichnen sich die Weine des Jahrgangs durch ihre vollendete Ausgewogenheit aus.» Am Ende der Präsentation konnten die mehr als 70 Gäste den Jahrgang 2016 der im Vorjahr prämierten acht Weine verkosten.
Ein neuer jährlicher Fixpunkt im Veranstaltungskalender
Die vom Weinbauamt und dem Branchenverband der Walliser Weine initiierte Jahrgangs-Präsentation soll künftig ein Fixtermin im Veranstaltungsprogramm der Walliser Weinwirtschaft sein. Das Reb- und Weinmuseum als eines der Zentren des Weintourismus ist der perfekte Schauplatz für diese Veranstaltung, an der auch Küchenchef Pierrot Ayer mitwirkt. «Wir möchten dieses Ereignis gebührend feiern und eine Woche vor Beginn der Offenen Weinkeller das Interesse der Öffentlichkeit wecken. 2016 hat uns eine schöne Ernte beschert und die Weine sind hervorragend. Der Jahrgang ist auf dem Markt. Kommen Sie, um ihn zu verkosten», so Gérard-Philippe Mabillard, Direktor des IVV. Zur Unterstützung aller Weinliebhaber auf ihren önologischen Entdeckungsreisen wurde eine Broschüre herausgegeben. Darin finden sich die Einschätzungen der acht sternengekrönten Winzer sowie Degustationsnotizen.
Alle anwesenden Experten nutzten die Gelegenheit, um an die nach wie vor grosse Marktpräsenz der Walliser Weine hinzuweisen – dem aussergewöhnlichen Frostereignis im April 2017 zum Trotz. Das beste Mittel, um die Winzer zu unterstützen, bestehe darin, die Walliser Weine zu konsumieren und den «Offene Weinkeller im Wallis» ( 25. – 27. Mai) hohe Besucherzahlen zu bescheren.