Der von der Swiss Wine Connection im Rahmen von Mémoire & Friends initiierte Award nimmt zehnjährige Weine unter die Lupe und prämiert die am schönsten gereiften. Wer erinnert sich noch, was 2013 geschehen ist? Soviel sei verraten: Das Weinjahr brachten den Winzern Glück.
Wenn sich die Schweiz in der internationalen Weinszene behaupten will, muss sie noble Weine erzeugen. Doch gibt es hierzulande solche Weine? Und was ist überhaupt ein nobler Wein?
Ob ein Wein wirklich nobel ist, zeigt sich spätestens im Alter (der Reife, Anmerkung der Redaktion). Das lehrte uns schon Dr. André Parcé aus dem südfranzösischen Perpignan, Arzt, Banyuls-Produzent und Mitbegründer der illustren Académie Internationale du Vin. So schrieb er einmal über gefälligen Wein, der mehr vorgibt, als er ist: «In jedem Fall erweist sich der Test der Zeit (höchstens ein Jahrzehnt) als fatal für seine Ansprüche.» Also richteten wir bei unseren Kontrolldegustationen der in der Schatzkammer des Mémoire des Vins Suisses eingelagerten Weine ein besonderes Augenmerk auf die zehn Jahre alten Gewächse. Dabei zeigte sich, dass einzelne Weine oder Jahrgänge besser alterten als andere (gereiften und reifen, Anmerkung der Redaktion).
Warum sollte man diesen zweifellos noblen Weinen nicht eine Auszeichnung verleihen? Die Idee des Swiss Wine Vintage Award war geboren. 2015 präsentierte Swiss Wine Connection im Rahmen von Mémoire & Friends Weine des Jahrgangs 2005 aus der Schatzkammer des Mémoire, die erstmals die noble Auszeichnung erhalten hatten. Seither stehen nicht nur Mémoire-Weine im Fokus. Denn am Swiss Wine Vintage Award können sich alle Schweizer Winzerinnen und Winzer beteiligen, die noch über zehn Jahre alte (gereifte) Weinbestände verfügen.
(Quelle: Andreas Keller, Swiss Wine Connection)
Für die Weine des Jahrgangs 2013 gab es eine rekordverdächtige Anzahl Awards. (Bilder Hans-Peter Siffert weinweltfoto.ch)
Was ist 2013 Wichtiges passiert? Es war das Jahr der weiblichen Preisträger: Die umstrittene Goldene Palme des Filmfestivals von Cannes für «La vie d’Adèle» von A. Kechiche, der an die englischsprachige Kanadierin Alice Munro, der Königin der Kurzgeschichten, vergebene Literaturnobelpreis und die Walliser Kellermeisterin Madeleine Gay, die das Team Provins leitete und zur «Schweizer Winzerin des Jahres 2013» ernannt wurde. Aber auch britische Champions, wie der Radfahrer Christopher Froome, der seine erste Tour de France gewann, und der Tennisspieler Andy Murray, der den ersten seiner beiden Siege in Wimbledon errang ...
Wer erinnert sich daran, ehrlich?
Dasselbe gilt für die besonderen Merkmale der Weine. So überraschten die Resultate unseres Degustationstrios mit Martin Kilchmann und Ulrich Sautter, dass 88 Prozent der degustierten Weine die für die Auszeichnung der Swiss Wine Vintage Awards notwendigen 17/20 Punkte erreichten, während der Jahresdurchschnitt knapp unter 70 Prozent liegt.
Ob Pinots Noirs aus Graubünden, Chasselas aus der Waadt oder Merlots aus dem Tessin, alle diese Weine haben eine bemerkenswerte Frische bewahrt. Einige sind auf ihrem Höhepunkt und bereiten demjenigen, der auf sie warten konnte, grosses Vergnügen, aber die meisten verfügen noch über Reserven, um «durchzuhalten» oder sich sogar mit der Zeit noch zu verbessern. Es gibt nur wenige Jahrgänge, die so viel Erfolg aufzuweisen haben!
Ein sehr launisches Wetter
Dank des Internets braucht man nur in den Online-Annalen zu stöbern, um festzustellen, dass dieses Jahr aussergewöhnlich war. Der nasskalte Frühling, der an das Jahr 2023 erinnert, liess eine späte Weinlese von Mitte September bis Anfang November erwarten. Es war sogar der späteste Jahrgang seit 1995 im Wallis.
Glücklicherweise retteten ein warmer Sommer – bis dahin der siebtwärmste seit der Wettermessung im Jahr 1864 – und ein schöner Herbst die Ernte. Aber dieses wechselhafte Jahr war teuer: Die Blüte verlief schlecht und die Produktion litt darunter. Insgesamt sank die Erntemenge in der gesamten Schweiz um 20 Prozent. Im Wallis und in der Waadt, den beiden wichtigsten Weinbaukantonen, waren es 13, beziehungsweise 25 Prozent weniger als 2012.
In Neuenburg und der Drei-Seen-Region waren es sogar 54 Prozent weniger! Der Grund dafür war ein aussergewöhnlicher Wetterunfall, ein Hagelsturm am Nachmittag des 20. Juni 2013, der über die Weinberge am Fusse des Jura von Genf bis Biel hinwegfegte. In dem Masse, dass die meisten der betroffenen Winzer Trauben von Kollegen aus anderen Kantonen verwenden durften. Das tut ihrer Qualität als Winzer keinen Abbruch, wie die Auszeichnung der «Vins de Pays» der Domaine de Chambleau und des Weingut Steiner Schernelz Village beweist, die sie – natürlich blind – erhalten haben.
Kleiner Ertrag? Grosses Jahr!
Im Jahr 2013 bedeutete der geringe Ertrag im Weinberg grosse Qualität in der Flasche. Durch- und Verrieselung führten zu kleinen, konzentrierten Beeren, die zum Zeitpunkt der Lese perfekt reif waren. Davon konnte man sich nach fast zehn Jahren überzeugen.
Die Prognosen waren günstig, nachdem die Weinlese eingefahren war. Die Walliser erinnerten daran, dass der späte Jahrgang mehr Säure mit sich bringt, die für Frische, aber auch für Langlebigkeit steht. Jede Rebsorte zeigt ihre Charakteristiken: Rotweine «mit üppigem Bouquet», wie einmal mehr der bemerkenswerte Cornalin von Denis Mercier beweist, der zu den drei am besten bewerteten der 106 verkosteten Weine gehört.
Eine Weinbauregion verhielt sich anders als alle anderen: das Tessin. Der transalpine Kanton verzeichnete eine um 10 Prozent höhere Ernte als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Trotz dieser relativen «Überproduktion» behielt der Merlot eine schöne Frische, und mehrere Weine der renommiertesten Produzenten erhielten ausgezeichnete Bewertungen.
Frische und fruchtige Weissweine
Bei den Weissweinen behält der Chasselas, der mit zehn Jahren noch keine Tertiärnoten offenbart, seinen Platz im Waadtländer Weinbaugebiet, wo Calamin und Dézaley mit diesem Jahrgang offiziell ihren Rang als «AOC Grand Cru» wiedererlangt haben. Diese beiden «Climats» des Lavaux hatten ihren Rang bei der Neugestaltung der Waadtländer Appellations d’Origine Contrôlée verloren, die 2009 zu regionalen Appellationen wurden.
In der Deutschschweiz sind die Weissweine auch aromatisch und fruchtig, wie ein erstaunlicher Kerner und ein Completer aus Graubünden zeigen.
2013, welcher mengenmässig der kleinste Jahrgang seit langem in der Schweiz, im Wallis sogar seit einem halben Jahrhundert war, verdient es, dass man sich daran erinnert. Mit Ergriffenheit und Dankbarkeit: Dafür gibt es die Swiss Wine Vintage Awards!
(Quelle: Pierre Thomas, Mitglied der Jury)
Zahlreiche, auch junge Weinleibhaber, interessieren sich für gereifte Schweizer Weine.
Der Swiss Wine Vintage Award 2023 nahm 106 Weine des Jahrgangs 2013 von 77 Winzerinnen und Winzern aus allen Weinbauregionen der Schweiz unter die Lupe. 49 davon stammten aus der Schatzkammer des Mémoire des Vins Suisses. Die Verkostung fand blind statt, aber unter Berücksichtigung von Rebsorten und geografischer Herkunft.
Das Resultat überraschte selbst die Degustatoren: Verliehen wurde der Award an nicht weniger als 94 Weine, davon 39 aus der Schatzkammer. Das sind 88 Prozent aller degustierten Weine. Der langjährige Durchschnitt liegt bei 70 Prozent. Offensichtlich ist der erstaunlich gut gealterte (gereifte, Anmerkung der Redaktion) Jahrgang 2013 besser als sein Ruf.
Bewertungsskala:
– 17 Punkte: sehr gut
– 18 Punkte: ausgezeichnet
– 19 Punkte: herausragend
– 20 Punkte: hors classe
Jurymitglieder:
– Hans Bättig, Weinsensoriker, Projektleiter (hb)
– Ulrich Sautter, Weinjournalist, Degustationsleiter (us)
– Martin Kilchmann, Weinjournalist (mk)
– Pierre Thomas, Weinjournalist (pts)
Auf Webseite des Swiss Wine Vintage Award erfahren Sie, welche Schweizer Weine des Jahrgangs 2013 als noble Weine ausgezeichnet worden sind.
(Quelle: Medienmitteilung)