Über zehn Prozent der mit Naturkokr verschlossensn Weinflaschen «korken». Noch grösser ist die Zahl der Weine mit Fehltönen, die nicht eindeutig als Korkschmecker erkannt werden. Getrübter Weingenuss muss nicht sein. Denn es gibt bewärhte Alternativen.
Eine dieser Alternativen ist der Schraubverschluss. Er ist geruchsneutral und hält die Flaschen bis ins hohe Alter genau so dicht wie Naturkork. À propos dicht: Zahlreiche Studien geleben, dass Korken Luft- und Gasdicht sind. Ein Sauerstoffaustausch ist erst möglich, wenn der Korken schrumpft und die Flasche nicht mehr sauber abdichtet. Sauerstoff und Wein vertragen sich auf die Dauer nicht. Nach einem kurzen Aufatmen zieht der Wein den Kürzeren und oxydiert.
Obwohl das Ansehen des Schraubverschlusses im tiefsten Keller lagert, bewährt er sich seit mehr als dreissig Jahren. Das beweist die Frische, die sich alte Chasselasweine aus der Waadt bewahrt haben. Ob sich Schraubverschlüsse auch für rote Lagerweine eignen, wird derzeit getestet. Eine Pionierrolle spielt dabei der grösste Weinproduzent Australiens. Die Topweine von Penfolds, die in kleinen Mengen mit Schraubverschluss abgefüllt wurden, haben die ersten zehn Jahre ohne Probleme überstanden. Eine Imagekorrektur des «Schraubers» drängt sich also auf. Denn der Korkschmecker hat ein Ausmass angenommen, das die Winzer wirtschaftlich nicht mehr tragen können. Pragmatiker unter ihnen wollen die Arbeit eines Jahres nicht länger aufs Spiel setzen. Deshalb verschliessen sie alle Flaschen, auch die ihrer besten Weine, mit Schraubverschlüssen. Philosophen unter den Winzern zelebrieren ihre Weine. Sie wollen ihren Kunden reinen Wein einschenken und stellen ebendiesen und nicht das Korkenziehen in den Mittelpunkt. Genau da könnten Gastgeber - und auch die Gastronomie - ansetzen und den Wein vermehrt zelebrieren. Den Wein, nachdem das Deckeli mit einem feschen «cräck» aufgedreht ist, zu dekantieren würde mithelfen das Ansehen des «Schraubers» zu verbessern. Und dabei gewinnen alle: Der Kellner zeigt sein Können, dem Gast wird eine Show geboten und der Wein hat Zeit zum Atmen. Das gilt für weisse, rote, junge und gereifte Weine.
Ich hatte die Gelegenheit elf Jahrgänge Yvorne Clos du Rocher aus dem Hause Obrist in Vevey zu verkosten. Jeweils eine Flasche wurde dekantiert, und zwar die die vom Weinhändler André Linherrr gemeinsam mit dem Glasbläser Yann Oulevay neu aufgelegte, traditionelle Chasselaskaraffe. Das Ergebnis verblüffte. Die Chasselasweine zeigten sich in fast allen Fällen vielschichtiger, intensiver und zugänglicher.
Gabriel Tinguely für Hotellerie et Gastronomie Magazin