Die Geschichte beginnt im Jahr 1831, als Giovanni Valsangiacomo in Chiasso ein kleines lokales Geschäft eröffnet, Wein importierte und beginnt Grotti und Tavernen in der Region zu beliefern. Aus dem Handelsbetrieb ist über die Jahre ein Produktionsbetrieb mit eigenen Rebbergen geworden. Und in all den Jahren stand immer ein Valsangiacomo an der Spitze des Unternehmens.
Uberto Valsangiacomo, Direktor und Mitglied des Verwaltungsrats, und sein Vater Cesare Valsangiacomo, der den Verwaltungsrat präsidert.
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Giovanni Valsangiacomo geschäftet erfolgreich. Die Menge an Wein, die er importierte wurde immer grösser. Und zudem begann er selber Wein zu keltern. Aus Trauben, die er von lokalen Rebbauern kaufte. So drängte sich gegen Ende des Jahrhunderts ein Neubau für die Produktion und Lagerungt auf. Einen günstigen Standort dafür fand Giovanni Valsangiacomo in Mendrisio, an der Via alle Cantine 6. Dort hat das Unternehmen bis heute seinen Sitz.
Im Jahre 1944 wurde die ganze gesellschaftliche Struktur in eine Aktiengesellschaft eingebracht. Das Kapital wurde zu 100% von der Familie Valsangiacomo gehalten. Die Organisation der Firma blieb bis 1954 ungefähr gleich, dann jedoch begann man als erste Handelsfirma des Kantons Tessin mit der Kultivierung eigener Rebberge und gründete dazu den Landwirtschaftsbetrieb Vigneti Valsangiacomo.
Im Verlauf der Jahre hat sich das Haus Valsangiacomo über den Import und die Distribution von ausländischen Weinen hinaus auch auf die Erzeugung von Tessiner Qualitätsweinen und feinsten Grappe spezialisiert.
Der 1951 erfolgte Eintritt von Cesare Valsangiacomo in die Firma – übrigens einer der ersten Önologen, die sich in Changins (VD) diplomiert hatten – stellte den ersten Schritt zur modernen Qualitätsproduktion dar. Ein Beispiel dieser neuen Philosophie war der Roncobello, erstmals 1958 von Trauben aus einem Rebberg in Eigenbesitz in Morbio Inferiore produziert. Dieser Wein war der erste im Südkanton, der nach für die damalige Zeit modernen qualitativen Konzepten gekeltert wurde.
Das vom Bund in den sechziger Jahren eingeführte Kontingentierungssystem zum Schutz der Schweizerischen Weinwirtschaft hat es dem Unternehmen erlaubt, parallel zur einheimischen Produktion die Handelsaktivität mit ausländischen Weinen auszubauen. In den achtziger Jahren rangierte Valsangiacomo auf nationaler Ebene unter den ersten zehn Firmen der Branche. Sie importierte sei für eigenen Bedarf, sei zum Verkauf an andere Gruppen wie auch zur Abfüllung mit einer leistungsfähigen Anlage im Auftrag Dritter.
Inzwischen wurden neue Weine präsentiert: Der Ariete Valsangiacomo im Jahre 1968, der Piccolo Ronco di Pedrinate 1978, die Cuvée Speciale und Il Mattirolo 1982, der Schaumwein Ronco Grande 1983 und schliesslich der Rubro im Jahre 1988.
Zahlreiche Anerkennungen und auch internationale Auszeichnungen wurden der Firma im Verlauf ihrer Geschichte zuteil und stellen ihr ein Zeugnis für Können und Professionalität aus.
Seit 1994 steht Uberto Valsangiacomo, Ingenieur Agronom ETH, seinem Vater Cesare bei der Leitung des Unternehmens zur Seite.
Im Verlauf der neunziger Jahre hat der sukzessive Abbau des protektionistischen Systems zur Abschottung des inländischen Marktes durch den Bund eine rigorose und eindeutige Änderung in der Philosophie und in der Struktur des Hauses Valsangiacomo bewirkt. Der Import sowie die Abfüllung von ausländischen Offenweinen wurden zugunsten der lokalen Produkte nahezu vollständig aufgegeben. Insbesondere ging es darum, die Trauben von den Rebbergen im Besitz der Familie Valsangiacomo vermehrt zu nutzen und die eigene Produktion aufzuwerten. In der Zwischenzeit wurden neue Weine kreiert, so der Don Giovanni 1996 sowie der in der Festung von Airolo ausgebaute Gransegreto im Jahre 2001.
Auf das Jahr 2004 fiel der Entscheid der Familie Valsangiacomo, den historischen Sitz in Chiasso zu verlassen und die Tätigkeit vollumfänglich in den nunmehr hundertjährigen Keller nach Mendrisio zu verlegen. Zu diesem Zweck wurden grosse Investitionen getätigt, zur Restrukturierung wie zum Erwerb modernster Technologien, die es ermöglichen bei der Produktion mit den Entwicklungen der Zeit Schritt zu halten.
Ein enormer Vorzug des renovierten Gebäudes ist der eigentliche Keller, profitiert er doch betreffend Temperatur und Feuchtigkeit von rein natürlichen Bedingungen. Diese sind ideale Voraussetzungen für eine perfekte Reifung der Weine.
Die Organisation des Unternehmens ist weiter gestrafft und dynamischer und effizienter geworden. Heute präsentiert sie sich, wie folgt:
Präsident des Verwaltungsrates: Cesare Valsangiacomo
Generaldirektor und Mitglied des VR: Uberto Valsangaicomo
Verkaufsleiter und Mitglied des VR: Ezio De Bernardi
Technischer Leiter: Alessandro Mascheri
Das Aktienkapital wird nach wie vor vollumfänglich von der Familie Valsangiacomo gehalten.
Die Cantina Valsangiacomo beschäftigt heute 8 Mitarbeiter, während der landwirtschaftliche Betrieb Vigneti Valsangiacomo, dem die Pflege der 17 ha Reben übertragen ist, drei festangestellte Mitarbeiter zählt; diesen werden in arbeitsintensiven Fasen durch Hilfskräfte verstärkt. Die durchschnittliche Produktion beläuft sich auf 170‘000 Flaschen Qualitätswein, der vornehmlich in der ganzen Schweiz abgesetzt wird. Die Weinberge in Familienbeitz steuern 70% der Trauben zur Produktion bei.
Der Letztgeborene, der Ariete Valsangiacomo bianco, stellt eine neue Etappe in der Kelterung von Merlottrauben als Weisswein dar, so dass er es gar zum Trendwein bei mondänen Tessiner Aperitifs schaffte.
Valsangiacomo ist heute eine Realität, die in der Wirtschaft des Südkantons und der Schweiz im Allgemeinen verwurzelt ist. Zweifelsfrei eine der traditionsreichsten Firmen und überdies immer noch von der Familie gleitet und daher der Tessiner Erde besonders nahe.
Quelle: Valsangiacomo Vini dal 1831
Übersetzung: Urs Mäder, In su & viva Sagl
Der Fundus des Weinhauses F.lli Valsangiacomo
Der Fundus des Weinhauses F.lli Valsangiacomo fu Vittore ist im Sommer 2006 im Staatsarchiv des Kantons Tessin deponiert worden, also exakt im 175. Geburtsjahr der Firma, die 1831 von Giovanni Valsangiacomo gegründet worden war.
Restauriert, geordnet und katalogisiert kann der Fundus nun in seinem ganzen Reichtum konsultiert werden. Er besteht aus 651 Firmenbüchern und 51 Archivboxen. Leider fehlen Zeugnisse aus den ersten Jahrzehnten des Firmenlebens, ab 1885 sind dann aber die Aktivitäten der Firma bestens dokumentiert. Der Fundus wurde in drei Abschnitte unterteilt.
Der erste davon enthält zahlreiche Bücher, die es ermöglichen die Geschichte und das Leben der Firma anhand des Geschäftsganges und der Beziehungen zu Lieferanten und Käufern nachzuvollziehen. Darüber hinaus finden sich darin vielfältige Aspekte, die in engem Bezug stehen zur Entwicklung eines Weinhauses im Tessiner Kontext und im historischen Rahmen des 19. und 20. Jahrhunderts. Diese Periode war einerseits geprägt von vielen Momenten politischer und ökonomischer Krisen (denken wir bloss an die beiden Kriege und an die Krise von 1929), andererseits aber auch von extrem vorteilhaften Konjunkturverläufen.
Im zweiten Abschnitt sind Akten unterschiedlichster Art gesammelt (Dossiers mit losen Dokumenten oder Papiere, die ursprünglich in Ordnern aufbewahrt gewesen waren). Leider weisen viele Dokumente als Folge der Aufbewahrung an nicht geeigneten Orten augenfällige Spuren von Beschädigungen auf und können bisweilen mangels Bezugsangaben nicht zugeordnet werden. Ein grosser Teil dieser Materialien betrifft Cherubino Valsangiacomo, ein Familienmitglied das Ende des 19. Jahrhunderts nach Spanien in die Nähe von Valencia gezogen war. Dort eröffnete er eine Filiale für das Chiasseser Mutterhaus. Von dieser Expansion der Tessiner Firma auf spanischem Boden enthält der Fundus zahlreiche Akten, überwiegend Briefwechsel und buchhalterische Rechenschaftsberichte. Solche Unterlagen sind von besonderem Interesse: Auf der einen Seite geben sie eine ganz spezielle Episode der Tessiner Emigration wieder, auf der anderen Seite sind sie reich an Beobachtungen und Hinweisen zum internationalen Handel sowie zur wirtschaftlichen und politischen Situation Spaniens, diesem geradezu turbulenten und von 1936 bis 1939 von einen Bürgerkrieg gespaltenen Land.
Schliesslich bezieht sich die dritte Abteilung des Fundus, die deutlich weniger ergiebig ist als die beiden vorangehenden, auf die Familie Valsangicomo und besteht aus Briefwechseln, Fotografien, Schulmaterialien und aus persönlichen Dokumenten im Allgemeinen.
Gianmarco Talamona
Staatsarchiv des Kantons Tessin